Es ist der erste richtig kalte Herbstmorgen dieses Jahres. Gerade einmal 1°C zeigt das Autothermometer beim Einparken in der Aspernallee vor dem Baseballplatz Freudenau an und das obwohl die Sonne die bunten Blätter der Bäume der Prater Au nur so strahlen lässt. Das Motorbrummen eines Baggers leistet der beschaulichen Stille Gesellschaft. Die Umzäunung des Areals ist mittlerweile den Weg des Irdischen gegangen und der Zuschauerwall entlang der Left Field Line wurde geebnet. Raureif überzieht das Outfield, welches ganz verlassen dahinfriert. Die Füße sind prompt eisig kalt und die Socken durchnässt. Der flauschige Lawnmowers-Fanwelt-Hoodie um 49,99€ von Baseball Seestadt (mit dem Gutscheincode „Eisbär“ noch bis 6.11., 12:00 um 10% verbilligt ) hält zumindest den Körper warm. Der Motor des Baggers verstummt. Der Fahrer steigt aus und brunzt hinter dem Scorerhäuschen gegen einen Busch. Sein neongelber Kollege nutzt die Pause, lehnt sich an seiner Schaufel an, lässt den Blick über das Feld streifen und frisst eine Tschick, während durch einen leichten Windhauch einzelne Blätter und ein paar tiefgefrorene Eichenprozessionsspinner auf die beiden herab segeln. Im Schuppen ein bärtiger Aktivist welcher sich an das Tee gekettet hat und mit hungaro-britischen Akzent brüllt: „Mich bekommt ihr hier nie raus!“ Doch es muss sein. Nachdem letzten Frühling zum Beginn der Freiluftsaison im Schuppen ein Kübel voll mit einem haarigen Flaum überzogener Bälle entsorgt werden musste, wird dieses Jahr konsequenter eingewintert – #pelzstehtnurtier – und das steht heute Morgen am Programm.. Für alle zwielichtigen, kriminellen Off Season Report Leser und Leserinnen ist ein einfach zu verstehender Tipp hier niedergeschrieben: NIX AUFBRECHEN, NIX DRINNEN! Die ersten zwei Scheibtruhen voll mit Helmen, Schlägern und Handschuhen sind schnell zum Auto gekarrt worden. Eine kurze Verschnaufpause, die einige Sekunden zum Rückblicken bereit hält.
Wie schon im März bleibt auch zu Beginn des Wintertrainings, welches ja eigentlich morgen starten sollte, die Halle der Volksschule Neilreichgasse leer. Die Staubschicht im Kreis der Schande – kurz KDS – kann noch einige Sedimentschichten mehr ansetzten. Zumindest noch bis Dezember, denn vorher ist das Mannschaftstraining auf Grund der Coronamaßnahmen der Bundesregierung bis auf weiteres ausgesetzt.
Was für ein Jahr. Eine verrückte Spielzeit. Horstl und Prinzessin Sofia. Mit einer unglaublichen Kaderverbeiterung gingen die Lawnmowers in die Landesliga Saison 2020. Obwohl Petra Goldova ihren persönlichen Kader verbreiterte, schwanger wurde und dadurch ein Name sogar von der Kaderliste gestrichen werden musste. Mit sechs Mann mehr als noch im Vorjahr wollte man nach dem Lockdown im Frühling mit Vollgas in die verkürzte Spielzeit gehen. Die Quereinsteiger Wolfgang Köhler, Klaus Zednik, Peter Griffiths und Christoph Stelzer, der von den Attnang Athletics zum Studium nach Wien entsandte Moritz Bammer und Comebacker und Catcher Philipp Sutanto bereicherten des Geschehen in blau-weiß. Ein weiterer Quereinsteiger, Marco Stein, verließ den Verein nach nur wenigen Wochen wieder. Die Neuen entwickelten sich gut, einzig das Merken der Treffpunktzeit (immer 1,5 Stunden vor Spielbeginn) wollte dieses Jahr noch nicht hinhauen. *Ring Ring* „Wann ist Treffpunkt?“
Scheibtruhe drei und vier sind entladen. Der 77A zuckelt menschenleer gerade Richtung Lusthaus und macht sich mit ebenso wenigen Fahrgästen ein paar Minuten später wieder auf den Rückweg in die Stadt. Ein Läufer joggt am Ballpark vorbei. Sonst ist hier nicht viel los. Anders, als noch zum Saisonauftakt.
Mit 18 Mann auf dem Line Up Block fieberten die Lawnmowers dem Auftakt entgegen. Play Ball, naja fast, denn schon das erste Spiel musste auf Grund eines Coronaverdachtfalls bei den Vienna Bucks abgesagt werden. Das zweite Spiel gegen die Vienna Cyclones verloren die Mowers zwar knapp, doch gewannen dann später am grünen Tisch. Sprich zwei Siege zum Auftakt, ohne ein Spiel gewonnen zu haben. Na da kann man sich den Applaus eher nur denken. Der zweite Spieltag war ein Restpostenabverkauf der Saison 2019 – also ein Split. Die bis dahin sieglosen Cubs II konnten gegen die Lawnmowers auf Kurs gebracht werden. Gern geschehen Stockerau. Unseren IBAN findet ihr diesbezüglich übrigens auf unserer Homepage. Dafür konnten desolate Freudenau Mets zurück in die Au geschickt werden. Ein noch größerer Gewinn, als der erste sportliche Sieg war die Verpflichtung von Jaryd Mercer. Von der Junior Highschool in die Landesliga Ost. Welcher junge Amerikaner (auch wenn er eigentlich österreichischer Staatsbürger ist und hauptsächlich in der Schweiz gelebt hat) träumt nicht davon. Im August standen dann noch zwei Auswärtsfahrten nach Traiskirchen („Da fahr ich mit der Badner Bahn, die letzten Kilometer tu ich laufen“) und nach Jahren wieder einmal nach Weitra („Da fahr ich mit der Waldviertelbahn, da kann man ua gut saufen!“) auf dem Programm. Im Industrieviertel gab es gegen die Grasshoppers II einen Sieg nach einer eher langsam in Fahrt kommenden Mowers-Offense. Das Anschlussspiel kam einer Machtdemonstration der Wiener gegen die Danube Titans gleich. Das obere Playoff war dadurch sicher erreicht und damit gleichzeitig die beste Platzierung seit der Aufstiegssaison 2016. Am letzten Spieltag wollte man noch den besseren Ausgangsplatz für den neuen Final Four Modus ergattern, hatte aber nicht mit einer Niederlage gegen die Red Devils gerechnet. Gegen die späteren Meister, die Diving Ducks II, setzte es sogleich noch die grunddruchgangsabschließende Niederlage.
Zu Beginn des ersten Spieltags des oberen Playoffs in Wiener Neustadt lieferten die Lawnmowers eine Galavorstellung, allerdings nur bis zum fünften Inning. Dann kam der Lockdown im Spiel der Andi Armours. Die spielerische Gestaltung wurde heruntergefahren, der soziale Kontakt zum Ball minimiert und das Spiel um das Spiel um den Finaleinzug (hä?) nach einer 8-0 Führung 8-16 verloren.
„Wahnsinn, was für eine vergebene Chance.“ Mit etwas Abstand betrachtet, hätte man im Spiel um den Finaleinzug vermutlich eh den kürzeren gezogen. Dennoch eine bittere Pille. Die Ballkübeln haben mittlerweile ihren Platz auf der umgelegten Rückbank gefunden. Noch einmal quer über den nassen Rasen, die Scheibtruhe verstauen und alles absperren. Noch ein abschließender Blick auf den angrenzenden Bullpen. Dort, wo vor gut einem Monat noch Moritz Bammer sich fünf Innings warm gepicht hatte, weil Starter Daniel „Jellyfish“ Jelenscits die Performance seines Lebens ablieferte und nicht und wieder nicht eingegangen ist, liegt jetzt ein mehrere Kubikmeter großer Laubhaufen. „Oida, das war vielleicht ein Match!“, und ein Arbeiter sagt irgendwas auf slowakisch zu seinem Kollegen. Frei übersetzt vermutlich: „Heast, was is mit dem Patient da hinter dem Schupf´n, warum redet der mit sich selbst?“ „Ja kein Plan Hawara, owa warum liegt auf dem Fußballplatz da eigentlich so viel Sand?“
Im letzten Spiel der Saison ging es für die Lawnmowers gegen die Cyclones um den dritten Platz. Und da sind wir bei den oben erwähnten Jellyfish Seesternstunden. Die Manager stellten für manche überraschend Jelencsits als Starter auf. Bammer sollte ihm nach einiger Zeit ersetzen, dann wiederum Bittmann für Bammer und zum Schluss noch Hlawaty. Mit der Strategie der Abwechslung gegen schlagstarke Latinos. Doch der Simmeringer (auch wenn er jetzt im Dritten wohnt) pitchte munter, locker flockig herum und ließ kaum etwas zu. Mit Mercyrule wurde triumphiert. Am Ende tauchte Andi Chrastka auch noch im Licht der tiefstehenden Sonne aus den Untiefen der Wiener Kanalisation auf. Ein perfekter Saisonabschluss.
Wahrlich eine spezielle Saison. Die leere Coca Cola Dose von der Herfahrt klackt, als sie in der Metalltonne auf ihresgleichen trifft. Rein ins Auto und das Material ins Winterquartier transferieren. „Wie wird es wohl weiter gehen?“, die Frage, welche die Reifen über den Asphalt des Handeslkais rollen und es die Schläger bei Fahrbahnunebenheiten gegeneinander klopfen lässt. Ein Blick auf die Saison 2021, obwohl man da nicht wirklich hinblicken kann. Laut einigen Wortspenden bei der Ligasitzung 2020 wurden für die LLO 2021 zwei neue Mannschaften angekündigt. Je ein Farmteam der Schwechat Blue Bats und der Dirty Sox Graz. Wie aktuell die Expansionspläne der beiden Muttervereine sind, war bis Redaktionsschluss nicht bekannt (Anm. Es hat auch niemand nachgefragt…). Weiters ist prinzipiell wieder ein Vorbereitungswochenende im April angedacht, tiefere Planungen können nach derzeitigen Stand nicht gemacht werden. Ebenso unsicher ist, wie es mit dem Wintertraining weitergeht. Alles in allem noch sehr viele Fragezeichen. Die Feierlichkeiten und das geplante Legendenmatch anlässlich des 25 jährigen Vereinsjubiläums der Vienna Lawnmowers schweben gegenwärtig auch nur so in der Ungewissheit hin und her und her und hin. Geduldig bleiben, abwarten und Bier trinken.