Ostertrainingslager der Lawnmowers

Wie jedes Jahr feierten die Lawnmowers auch heuer Ostern in Tschechien, wobei die Feier sich wie immer vor allem auf den Abend vor der Abfahrt konzentrierte und die Tage davor doch eher dem Leidensweg von J.C. anno Weiland glichen. Von den Trainingslagern vergangener Saisonen abgeschreckt verblieben einige Veteranen in der Heimat („Ich muß arbeiten“), dafür kamen viele naive Neulinge mit, die noch nicht so ganz wußten, was sie sich damit antaten: neben Manfred und den Nachwuchsspielern Leo, Hannes, Flo, Paul, Jo, Alex und Dominik auch noch sieben Dark Stars als Frantas Special Guests.
Die Anfahrt in den größtenteils angemieteten Vehikeln verlief relativ geregelt – wagemütige Überholmanöver auf den Schlachtfeldern Tschechiens waren diesmal rarer gesät und die Ankunftszeit in Mlade Buky dementsprechend spät. Immerhin gab’s um halb zwölf in der Nacht noch Essen in der Pension.

Lag es an dem späten Essen oder der doch eher kurzen Schlafensperiode – jedenfalls kam es bei den ersten Morgensprints um 7am am nächsten Tag zu einer konzertierten Kreislaufschwäche der gesamten Besetzung. Die Reaktionen reichen von „Komisches Gefühl – sowas hab ich noch nie gehabt“ bis zu „Ralph!“.
Der Kreislauf passte sich in den nächsten Tagen zwar an die Belastungen an, dafür spielten bei den meisten bald irgendwelche anderen Körperteile nicht mehr mit. Und Coach Franta tat sein Übriges dazu, den Teilnehmer-Verletzungsrekord aus dem Vorjahr überbieten zu helfen. Da waren zunächst die Morgensprints, deren Nichtbesuchen mit exzessivem Pumpen bestraft wurde. Nach einer kurzen Erholung beim Frühstück ging’s aber dann erst richtig los: Viermal täglich waren die 3km vom Hotel zum Platz zurückzulegen – ob gehend oder laufend, wurde den Teilnehmern freigestellt, angesichts der sowieso recht knappen Freizeit bevorzugten vor allem die konditionell Gesegneteren dann doch den Laufschritt. Einige vorwitzige Dark Stars versuchten sich anfangs per Pkw durchzuschummeln, bekamen von Franta die Rechnung aber prompt präsentiert. Die zwei Trainingseinheiten pro Tag waren dann aber doch jeweils der Höhepunkt der Körperschindung. Und wer glaubte, der Hitze durch Ablegen von Textilien zu entgehen, dem erging es bald wie Hannes: Er lief dann meist abends als – im doppelten Sinn – rote Laterne im Hotel ein.

Damit wir aber nicht völlig zusammenbrachen, gab es zur Auflockerung wieder einige Spielchen mit der Urbevökerung. Auch dieses Jahr wurden wir in unserer Meinung bestätigt, dass die Einheimischen schon Baseball spielen, bevor sie laufen oder sprechen können. Zwar kam es leider heuer zu keinem Softball-Spiel mit der Wirtshauspartie von Mlade Buky (wahrscheinlich lag das Team noch in der Ausnüchterungszelle), dafür durften wir uns wieder mit dem Baseballteam (den ‚Sparks‘) messen. Sonja pitchte und wurde später von Hannes und Jo abgelöst, welche ihre Sache ganz gut machten. Manfred debütierte nach intensivem Wintertraining endlich als Catcher und überraschte uns alle auf das Positivste. Am Schlag wechselte schon im ersten Inning Licht mit Schatten (schönen Linedrive-Singles von Hugo und Hadmar standen Strikeouts einiger anderer Stammspieler gegenüber) und im späteren Verlauf des Spiels wurde noch viel ausprobiert. Mit der gezeigten Leistung durften wir recht zufrieden sein. Am nächsten Tag trug die Jugend zwei Spiele mit dem Sparks-Nachwuchs aus, wobei aufgrund Spielermangels der Catcher und der Rightfielder vom Erwachsenenteam gestellt wurden. Die Spiele endeten 7:7 und 10:12, wobei die Lawnmowers kämpferisch überzeugten, als sie im zweiten Spiel einen 0:10-Rückstand nach dem ersten Inning gegen den stärksten Pitcher der Tschechen noch fast wettmachten. Hannes, Jo und Leo pitchten stark, obwohl sie schon einige intensive Pitchingtrainings hinter sich hatten und Leo führte auch die Offense mit zwei gewaltigen Schlägen bis nahezu an den Outfieldzaun an, von denen einer ein inside-the-park Homerun wurde. Das im Vergleich zu den Vorjahren generell gesteigerte Spielniveau wurde uns auch von den Sparks bestätigt.

Abseits des Platzes wurden die Lawnmowers wiederum stark von der tschechischen cuisine beeindruckt und -flusst, wobei heuer die Tatrankies relativ spärlich gesät und entsprechend begehrt waren. Der Sprachgebrauch verlegte sich aber zunehmend auf häufiger anzutreffende Lebensmittel wie „Jemny“, unser Frühstücksjoghurt (die „Jemny-Power“ mit den entsprechenden Signs sorgte auch bei den Spielen für gute Schläge der Lawnmowers und Dark Stars), oder ‚Grepfruttu‘, das zweitgebräuchlichste Erfrischungsgetränk des Riesengebirges (gleich nach „Pivo“).
Aber auch die tschechische Mythologie wurde uns in Grundzügen vermittelt und sofort entstanden erste Versionen der Lawnmowers’schen Schöpfungsgeschichte, als Rübezahl aus den vier böhmischen Grundelementen Tatranky, Bravo, Jemny und Pivo den Franta schuf und nur leider ein bisschen zuviel Pivo dabei erwischt hatte.
Die wenigen Stunden Freizeit, die wir hatten, wurden uns in erster Linie durch YC Christopher Tebbe versüßt, der uns mit zahlreichen aus seinem Leben gegriffenen Episoden bei Laune hielt: Seien es die von ihm ‚gestohlenen‘ Ostereier, die zu einer großangelegten Suchaktion des gesamten Pension-Personals führte („Oh…Aber ich wollte nicht…Ich wollte sie nur herzeigen.“ – Tebbe nach der Überführung durch die Teamkollegen), kleine Pannen beim Rasieren, als die (einzige) Klinge des Nassrasierers auf Nimmerwiedersehen im Abfluß verschwand, just als Tebbe mit der rechten Gesichtshälfte fertig war und die linke noch von Rasierschaum und Bart strotzte („Oh…I don’t know how to say it in German…Mir ist dieses Ding da vorne am Rasierer runtergefallen…und es ist weg“ – Tebbe, als er hilfesuchend mit halb rasiertem Gesicht in den Gesellschaftsraum stolperte), seine missbräuchliche Verwendung des ‚Tschi-Gongs‘, der eigentlich zur Verständigung des Personals dient, den Tebbe aber eher für ein nettes Zubehör hielt („Oh no…Ich wollte nur schauen, wie das klingt“ – Tebbe, aus seinem Zimmer zur Rezeption gezerrt und der nicht allzu erfreuten Rezeptionistin gegenübergestellt) oder ein kleines Missgeschick in der Dusche („Ich weiß nicht, wie das passiert ist, ehrlich“ – Tebbe, mit losgelöstem Duschkopf im Zimmer stehend). Aber auch beim Training erfreute er die Gemüter, insbesondere als er das Stretching leitete und den Unterschied des Lawnmower-Stretchings zu amerikanischen Fitness-Fernseh-Programmen als eher marginal erscheinen ließ („Nicht tratschen. Stretchen!“).
Und wenn Tebbe gerade nicht zur Verfügung stand, konnte man sich immer noch diversen anderen Beschäftigungen zuwenden. Die bereits letztes Jahr in Linz (Slowpitch Softball-Meisterschaft) aufgekommenen Hootschie-Gootschie-Runden feierten fröhliche Urstände (für Uneingeweihte: Das Spiel unterscheidet sich von dem bekannteren Kartenspiel „Arschloch“ bzw „President“ nur durch die Terminologie), wobei gewisse Personen doch offenbar sehr viel auf ihre jeweiligen Ämter hielten, weil sie sie einfach nicht hergeben wollten (kann dem Leo mal jemand erklären, was das WIRKLICHE Spielziel war?). Daneben wurde Tischtennis und Darts gespielt und diese Tätigkeiten jeweils mit dem Genuss von Pivo kombiniert (für die Jugend wurde dieses jedoch kräftigst rationiert).
Für den Skandal des Trainingslagers waren zu gleichen Teilen Hugo und Jo verantwortlich. Seine Aufsichtspflicht gröblich vernachlässigend verleitete Jo den Wahlbär am letzten Abend zu einem exzessiven Saufgelage mit Milan, dem Inhaber des Hotels. Hugo durfte sich Milans Lebensgeschichte anhören und bekam nach jedem Kapitel als Dank einen Wodka spendiert. Jo hatte nicht soviel Glück, lernte aber einige Dinge und Redewendungen für’s Leben (zB ‚DJ Bobo ohne DJ‘). Den Inhalt des Gesprächs bekam der Rest des Teams am nächsten Morgen und in leicht verfälschter Form (zB sehr viele ‚sch’s statt ‚s’s) von Hugo wiedergegeben, während er uns die Unwürdigkeit eines Betrunkenen beim Frühstück demonstrierte.
Ich möchte außerdem noch an die erinnern, die uns im Laufe dieses Trainigslager leider für immer verlassen haben: Alex‘ Zehennagel und Kreuz, Hannes‘ schneeweißer Rücken, Jos Jähzorn (oder?), Brunos Kreidestimme, diverse Schultergelenke, Tebbes rechtes Handgelenk, Hannes‘ Knie (soviel zum Sliden auf First), Manfreds Knie, Hadmars Gesundheit und Frantas Geduld.

Abschließend noch einige Danksagungen an:
Sonja, die als einzige Dame sehr tapfer durchhielt und vor allem verbal alles immer im Griff hatte (Schlupfrigkeiten waren nicht drin) Manfred, der als Catcher so ziemlich überhaupt keine Bälle durchließ (obwohl sich die Pitcher manchmal große Mühe gaben) Bruno, der als Catcher sämtlichen Baserunnern das Fürchten lehrte und dessen Wurf generell gesprochen ein Wahnsinn ist Didi, den wir in einem Intrasquad-Game schließlich doch noch am Mound bewundern durften und gegen den man sich am Schlag heuer ordentlich anschnallen muß Den Kettenhund auf halbem Weg zwischen Hotel und Platz, der heuer alle Jogger leben ließ, da er sich offenbar auf dem Weg in die Pension befindet und nur noch zarte junge PeeWees isst, während er wettergegerbte zähe Lawnmowers (von den Dark Stars rede ich erst gar nicht) neuerdings verschmaeht Paul und Flo, die Franta so sehr beeindruckt haben, dass er sie möglichst schnell ins Seniorenteam einbauen will, um dort anderen Leuten den Stammplatz zu rauben Michel, der die Seuche ins Team brachte Hugo, der sich’s erst am letzten Abend ordentlich gab Tebbe, weil er mitkam, da war, sprach, ass, trainierte – generell gesprochen, weil er einfach immer nur er selbst ist und wir ihn genau dafür so mögen Leo und Hannes, weil sie locker 42 km im „Laufe“ des Trainingslagers zwischen Hotel und Platz runtertrabten Die Dark Stars, weil sie diverse abgängige Lawnmowers-Tschecheranten mehr als würdig vertraten und weil sie gegen unser Jugendteam doch keine Chance hätten 🙂 Alex, der uns seine schweren Leiden einfach überhaupt nicht mitteilen wollte Jo, weil wir gar nicht mehr wissen, wie er mit heruntergezogenen Mundwinkeln und unentblößten Zähnen aussieht Dominik, der das Switchhitten vorerst mal bleiben lässt Tatranky, Jemny, Pivo, Bravo, Grepfruttu, Farmers Gift und all die anderen tschechischen Spezialitäten Franta, weil er es nach drei Jahren eigentlich besser wissen sollte und trotzdem immer noch Hoffnungen in uns setzt (wir geben uns Mühe, wirklich!)

Hadmar, 4/2000