Die wichtigste Tatsache gleich vorneweg: Von den 42 angesetzten Spielen sind alle 42 auch tatsächlich ausgetragen worden – für eine dritte Spielklasse eine beeindruckende Zahl, die ausserdem aussagt, wie stark die Organisationstiefe im Osten Baseball-Österreichs inzwischen ist. Das beweist übrigens auch die organisatorisch ebenso reibungslos verlaufene Landesliga Wien/Niederösterreich/Burgenland, in der sogar noch mehr Spiele ausgetragen wurden.
Homeruns flogen in bisher nicht gekannter Häufigkeit über die Zäune (wobei aber die Mini-Felder in Tulln und St.Pölten auch mithalfen), zwei Spieler übersprangen die 30-Hits-Grenze und ein Pitcher gab in nahezu 50 Innings nicht mehr als vier Walks ab – alles Anzeichen für eine kontinuierliche Leistungssteigerung in der Regionalliga. Dazu kommt noch der ausgesprochen ausgeglichene Verlauf der Liga: Mit Fug und Recht durfte behauptet werden, dass jedes Team darin jedes andere schlagen konnte.
Schließlich und endlich wurde dem interessierten Beobachter vom Anfang bis zum Ende ein spannender Kampf um jede Plazierung geboten und bis zur letzten Spielwoche war eigentlich nichts fix. Am Ende gab es dann einige nicht für möglich gehaltene Überraschungen. Aber gehen wir einmal alles der Reihe nach an:
Die Blue Bats II dominierten in der Hinrunde die Meisterschaft: Sie gewannen ihre ersten sechs Spiele, fünf davon nach Mercyrule. Dahinter überraschten die Lawnmowers, die zunächst in fünf Partien nur eine Niederlage hinnehmen mußten – eben gegen die Blue Bats. Eine negative Überraschung lieferten die St.Pölten Pirates: Sie waren eigentlich als Titelaspirant in die Saison gegangen, mussten aber zunächst fast ausschließlich Niederlagen einstecken. Nur die Mercies starteten noch schlechter und schlitterten schnell in eine Niederlagen-Serie von fünf Spielen. Cubs II, Ravens und Ducks II wiesen zunächst einen relativ ausgeglichenen Rekord auf, wobei die Ducks dadurch hervorstachen, dass das Wetter ausgesprochen häufig etwas gegen ihre Spiele einzuwenden hatte. Die Folge davon war, dass die Wiener Neustädter zu Saisonende in einem Zeitraum von elf Tagen fünf Spiele ablegen mussten, was sie trotz der Urlaubszeit bravourös meisterten.
In der zweiten Saisonhälfte präsentierten sich die Blue Bats nur noch als durchschnittlich, während die Pirates plötzlich ein Spiel um das andere gewannen, sich zunächst von der Abstiegsgefahr befreiten und sich schließlich sogar noch Hoffnungen auf den Meistertitel machen konnten. Aber auch einige andere Teams schienen wie verwandelt: Die Mercies profitierten von der Rückkehr von Nick Albert und wendeten den nach der ersten Saisonhälfte bereits unvermeidbar geglaubten Fixabstieg noch ab. Die Lawnmowers hingegen gewannen nur noch eines ihrer letzten sieben Spiele und blieben nur aufgrund ihrer starken ersten Saisonhälfte im Ligamittelfeld. Die Ducks und – in noch stärkerem Ausmaß – die Cubs lieferten stark wechselnde Leistungen, je nachdem ob und welche Spieler aus der ersten Mannschaft das Team jeweils verstärkten. Und die Ravens belegten letztlich trotz ansprechender Leistungen und aufgrund einiger knapper Niederlagen in wichtigen Spielen mit einem .333-Percentage nur den letzten Tabellenplatz.
Über den Meistertitel entschied schließlich das vorletzte Spiel der Liga zwischen Ducks II und Blue Bats II. Bei einem Sieg der Ducks hätte die Aufholjagd der Pirates ihren Abschluss in der Erringung des Meistertitels gefunden, während es die Blue Bats in der Hand hatten, mit einem eigenen Sieg alles für sich klar zu machen. Dementsprechend boten die Rannersdorfer auch alles auf, was sie hatten. Nach ausgeglichenem Beginn zogen sie letztendlich davon und holten sich den verdienten Meistertitel.
Ob dieser Meistertitel auch einen Aufstieg in die 2.Bundesliga bedeutet, ist noch fraglich: Zunächst steht den höheren Ligen möglicherweise wieder einmal eine größere Umstrukturierung bevor. Dann ist da die Sache mit den Lizenzen, weshalb der sportliche Erfolg nicht unbedingt auch einen Aufstieg mit sich bringt. Schlussendlich dürften die Blue Bats ein Kuriosum zuwege bringen, das es in der österreichischen Baseballgeschichte noch nicht gegeben hat: Nach dem vorjährigen Abstieg aus der 1.Bundesliga könnte die erste Mannschaft der Blue Bats heuer auch in der 2.Bundesliga Ost den letzten Platz belegen und damit Fixabsteiger in die Regionalliga sein. Damit würde die zweite Mannschaft in die Liga aufsteigen, aus der die erste absteigen muss. Die Handhabung dieser Situation durch die Ligen und die Blue Bats über den Winter wäre sicher interessant zu beobachten.
Der erste Platz für die Rannersdorfer ist aufgrund der starken Mannschaftsleistung auf jeden Fall gerechtfertigt: Das Team hat den besten Fielding- und Batting-Average und den zweitbesten ERA der Liga. Osama Abo Alof war der wahrscheinlich dominierendste Pitcher und auch in der Offense unheimlich stark – in meinen Augen MVP-Kandidat Nr.1.
Die Pirates können sich erneut beim Most Valuable Player der Regionalliga 1999, Philipp Goiser, für ihre starke Saison bedanken. Sein Pitching sicherte den St.Pöltnern trotz meist nur durchschnittlicher Offensivleistungen viele Siege. Die Wagner-Brüder trugen mit einer starken zweiten Saisonhälfte sehr zum Umschwung bei.
Die Cubs nutzten alle Möglichkeiten des Farmsystems aus, da die zahlreichen Verletzungen es ansonsten unmöglich gemacht hätten, mit beiden Teams den Spielbetrieb durchgehend zu bestreiten. Dementsprechend unterschiedlich waren auch die Leistungen. Einzige Fixsterne waren Thomas Betz und Franz Assmann, die die Offensive trugen.
Bei den Ducks brachten die Jungstars Markus Leitner und Christoph Mazohl die erwartete starke Leistung, während Clemens Cichocki, ein weiteres Nachwuchstalent, dieses Jahr den Großteil der Pitchingaufgaben erledigte. Die Spiele der Ducks dauerten meisten sehr lange – einfach deswegen, weil sie sich in der Offense vor niemandem verstecken brauchten, in der Verteidigung aber relativ schwach agierten. Klaus Hanika knüpfte nach seinem „Aussetzer“ im vergangenen Jahr wieder an vergangene starke Schlagleistungen an, obwohl er beim Training etwas zurückstecken musste.
Die Lawnmowers setzten in diesem Jahr erstmals vermehrt auf die Jugend und haben hier sicher einiges an Potential für die Zukunft vorzuweisen. Inzwischen bringen aber noch altbewährte Spieler die Leistung: Dietmar Ackerl war erneut einer der besten Pitcher der Liga und zeigte auch ungewohnte Stärke am Schlag. Hadmar Lang ist in praktisch allen Offensivstatistiken unter den Top fünf der Liga zu finden und die Rückkehr von Heinz Kampel war sicher nicht verantwortlich für die schwache zweite Saisonhälfte des Clubs.
Allen Unkenrufen zum Trotz schafften die Mercies einen guten Wiedereinstieg in den Spielbetrieb und konnten sich auf mehrere Stützen aus Zweitbundesligazeiten verlassen. Andreas Hager überzeugte offensiv mit gewaltigen Homeruns und ersetzte ab der Saisonmitte den verletzten Hannes Rosinger auf der Catcher-Position. Gerhard Schellmann besorgte das Pitching praktisch im Alleingang.
Den Ravens ging trotz einer Siegesserie von vier Spielen zur Saisonmitte in den letzten Spielen die Puste aus. Einige knappe Niederlagen sorgten für den Wiederabstieg in die Landesliga. Wie auch die Mercies konnten allerdings auch die Ravens nur einen starken Pitcher vorweisen (Gawain Bruckner), was die Plazierung dieser beiden Teams vielleicht auch mit erklärt. Positive Impulse kamen heuer von den Nachwuchstalenten Thomas Lang und Marc Swoboda. Martin Lahsnig war der Top-Basestealer der Liga.
Angesichts verschiedener Pläne, welche eine Umordnung der Bundesligen vorsehen, und der Ankündigung, dass die Lizenzkriterien ab 2001 streng durchgezogen werden (bisher war nur für Aufstiegskandidaten die Erfüllung der Lizenzanforderungen vonnöten), scheint es sehr unwahrscheinlich, dass die Liga in ähnlicher Form im nächsten Jahr bestehen bleibt. Aufgrund des ausgeglichenen Verlaufs der Regionalliga Ost und der Landesliga W/NÖ/B 2000 kann eine Umstrukturierung kaum eine Verbesserung für die unteren Spielklassen mit sich bringen. Daher kann nur gespannt abgewartet werden, was die Verbandsgremien über den Winter beschließen werden. Eines steht jedoch fest: Die Regionalliga 2001 wird es schwer haben, ihren Vorgänger an Spannung zu übertreffen.
Hadmar, 4.9.2000